Rogate, 17. Mai 2020, 10 Uhr
- Eine Kerze wird angezündet
Die Glocken läuten und rufen zum Gebet. „Rogate“ heißt der heutige Sonntag mit einem alten lateinischen Namen – auf Deutsch: Betet. Das müssen wir uns nicht sagen lassen – es ist uns ein Grundbedürfnis: beten. Wir brauchen es – vielleicht im Moment ganz besonders.
So sind wir an unterschiedlichen Orten zusammen, um uns zu stärken, unsere Geduld zu kräftigen und um Vertrauen zu bitten. Einander in Gedanken und im Gebet verbunden feiern wir in Gottes Namen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Erhöre mich, wenn ich rufe, Gott meiner Gerechtigkeit, der du mich tröstest in Angst; sei mir gnädig und erhöre mein Gebet!
Viele sagen: "Wer wird uns Gutes sehen lassen?" Herr, lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes! Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, Herr, hilfst mir, dass ich sicher wohne.
Gott, wir sind hier. Und Du bist hier. Wir beten zu Dir. Wir wissen: Wir sind verbunden. Mit Dir. Mit anderen, die zu Dir beten. Genau jetzt. Genauso. Wo immer wir auch gerade sind. Du siehst uns. Du hörst uns. Von überall bringen wir Dir alles, was war und ist in der Stille. - STILLE -
Höre auf unser Gebet. Amen
Jesus sprach: »Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Scheinheiligen: Sie stellen sich zum Beten gerne in den Synagogen und an den Straßenecken auf – damit die Leute sie sehen können. Wahrlich, das sage ich euch: Sie haben damit ihren Lohn schon bekommen.
Wenn du betest, geh in dein Zimmer und verriegel die Tür. Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen.
Sprecht eure Gebete nicht gedankenlos vor euch hin – so machen es die Heiden! Denn sie meinen, ihr Gebet wird erhört, weil sie viele Worte machen. Macht es nicht so wie sie! Denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch bevor ihr ihn darum bittet. Amen.
Liebe Gemeinde, manche von uns haben in letzter Zeit viel im Verborgenen gebetet: Zuhause - alleine für sich – oder manche mit Partner und Familie.
Wie gut, dass Gott das Verborgene sieht, so sagt es Jesus, wie wir gerade gelesen haben. Auch das, was wir im Moment vielleicht mit niemandem anderen teilen können. Dass er uns hört, wenn wir beten. Wie gut, dass wir uns, wenn wir beten, einfach in Gottes Gegenwart stellen können – selbst dann, wenn wir manchmal nicht wissen, wie.
Wenn uns die Worte fehlen. Wenn wir keinen klaren Gedanken fassen können. Wenn wir nur ein Gefühl davon haben, aber keine Ahnung, was wir sagen sollen. Dann tut mir Jesu Wort gut, der sagt: „Euer Vater weiß, was ihr braucht, noch bevor ihr ihn darum bittet.“ Und wir können uns einfach in Gottes Gegenwart stellen.
Vielleicht kann dann auch eine Geste oder ein Zeichen mein Gebet sein. Ein Licht kann zum Beispiel mein Gebet ausdrücken. Wenn wir Kerzen anzünden und vor Gott bringen. Und das Licht gibt meinen Gedanken und Gefühlen eine Form. Ein Spaziergang kann mein Gebet sein – ich stelle mich bewusst in Gottes Gegenwart – und gehe, laufe und lass den Gedanken freien Lauf.
In der Geschichte „Das schönste Gebet seines Lebens“ schreibt Paulo Coelho von einem Priester, der an Heiligabend in einer vollen Kirche in einem Armenviertel von Rio de Janeiro eine Christmette zelebriert. Da stört ein Junge den Ablauf, indem er laut das Alphabet buchstabiert. Er wird vom Priester ungehalten zur Rede gestellt. Da gesteht der Junge, er habe nicht gewusst, wie man betet, habe es nie gelernt. Deshalb habe er Gott alle Buchstaben angeboten in der Hoffnung, dass Gott sich aus diesen Buchstaben das Gebet selbst zusammensetzen möge.
Von dem Jungen beeindruckt, fordert der Priester daraufhin die Gemeinde auf, nun ebenfalls mit den Buchstaben des Alphabets zu beten. Jeder Buchstabe solle einem bestimmten Augenblick des vergangenen Jahres entsprechen. Auf diese Weise sollten alle Gott darum bitten, dem Leben eine Ordnung zu geben.
Dieses „schönste Gebet seines Lebens“, liebe Gemeinde, erinnert mich an ein Wort von Paulus. Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom: „Der Geist hilft unserer Schwachheit auf. Wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich´s gebührt. Aber der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichen Seufzern.“
Im Vertrauen auf Gottes Geist lasst uns jetzt in der Stille beten wie in dieser Christmette in Rio de Janeiro. Beten wir mit den Buchstaben des Alphabets und halten Gott so unsere persönlichen Augenblicke der vergangenen Wochen entgegen.
Möge Gott daraus unsere Gebete zusammensetzen. Amen.
In Verbundenheit lasst uns miteinander unseren Glauben bekennen:
Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Jesus. Hier sind wir. Du hast gesagt: Wir sollen beten. Du hast gesagt: wir werden gehört.
Wir wollen das glauben. Hilf uns dabei.
Wir denken an alle, die wir lieben. Was tun sie gerade? - Stille -
Wir denken an alle, die nach einem Impfstoff suchen, einem Medikament. – Stille -
Wir denken an die, die Entscheidungen treffen müssen für andere. – Stille -
Wir denken an die, die Angst haben und wütend sind. – Stille -
Wir denken an die Sterbenden. An die Trauernden. In Krankenhäusern, Lagern, auf dem Meer.
An die, die versuchen, für sie zu sorgen. Und wir beten, wie du, Jesus, es uns gezeigt hast:
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Gott segne uns und behüte uns.
Gott lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen.