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Weltgebetstag aus Vanuatu

13. Februar 2021

In diesem Jahr kommt die Gottesdienstordnung für den Weltgebetstag aus Vanuatu.

Sie, liebe Homepagebesucherin/lieber Homepagebesucher fragen sich: Vanuatu? Nie gehört! Wo liegt das?

Vanuatu ist ein kleines, dörflich geprägtes Land mitten im Pazifischen Ozean. Wer sich von Deutschland aus dorthin aufmacht, ist zwei volle Tage unterwegs. Umgekehrt liegt für die meisten Ni-Vanuatu – so nennen sich die Menschen dort – Europa am anderen Ende der Welt und ist entsprechend unbekannt.

83 Inseln bilden den noch jungen Staat, davon sind 67 bewohnt. Vanuatu liegt auf dem sogenannten pazifischen Feuerring, einem Vulkangürtel, der den Pazifischen Ozean von drei Seiten umgibt. Entlang dieses Gürtels kommt es immer wieder zu starken Erdbeben und damit verbundenen Tsunamis.

Die meisten der 289.000 Einwohner leben in kleinen Dörfern, die oft in sich geschlossene Welten darstellen. Im ganzen Land gibt es nur wenige hundert Kilometer geteerte Straße. Manche Dörfer sind nur vom Meer oder über schmale Pfade durch den Regenwald erreichbar.

Die Hauptstadt Port Vila (knapp 50.000 Einwohner) auf der Insel Efaté ist Anziehungspunkt für viele Menschen von anderen Inseln. Kinder und Jugendliche gehen für die weiterbildende Schule oder für das Studium dorthin.

Auch kommen viele Menschen auf der Suche nach Arbeit nach Efaté und siedeln sich in einfachen Behausungen in und um die Hauptstadt an.

1980 wurde Vanuatu unabhängig. Seit 1887 hatten Frankreich und Großbritannien das Land unter dem Namen Neue Hebriden verwaltet.

Die Flagge zeigt die Farben Rot für die Opfer, welche den Menschen während der kolonialen Ausbeutung abverlangt wurden. Grün steht für die üppige Natur auf den Inseln und Schwarz für die Zugehörigkeit zum melanesischen Kulturraum. Gelb symbolisiert den Sonnenschein und die Erleuchtung, die das Christentum dem Land gebracht hat. Die Symbole im schwarzen Dreieck zeigen den gebogenen Eckzahn eines Wildschweins, der traditionell als Statussymbol gilt, sowie zwei Palmblätter, die für eine friedliche Willkommenskultur stehen.

Weltweit ist Vanuatu das Land mit der höchsten Sprachendichte. Aktiv werden noch mehr als hundert Sprachen gesprochen, teilweise nur von wenigen hundert Menschen. Viele Sprachen werden in den nächsten Jahrzehnten verschwinden, weil Dörfer wegen des Klimawandels umgesiedelt werden müssen und die Menschen aufgrund der Globalisierung immer mobiler werden.

Für die nationale Einheit ist die gemeinsame Sprache Bislama wichtig. Bislama ist eine auf dem Englischen basierende Kreolsprache. Sie ist in der Zeit des Kolonialismus entstanden, als viele Menschen von verschiedenen Inseln zur Arbeit in den Plantagen der Kolonialherren gezwungen wurden. Bislama enthält viele Lehnwörter aus dem Französischen und aus melanesischen Sprachen. Das Nationalmotto „Long God Yumi Stanap“ bedeutet „Mit Gott bestehen wir“.

Seit 1995 gibt es eine Bibelübersetzung in Bislama. Rund 85 Prozent der Bevölkerung in Vanuatu sind christlich.

Im 19. und 20. Jahrhundert entsandten verschiedene westliche Kirchen Missionare und Missionarinnen auf die Inseln des heutigen Vanuatu. Mit der Verbreitung des Evangeliums endete der Kannibalismus, und auch viele Stammesfehden zwischen verschiedenen Clans wurden beigelegt.

Die größte und einflussreichste Kirche in Vanuatu ist die Presbyterianische Kirche, zu der etwa 32 Prozent der Bevölkerung gehören. Gefolgt von der katholischen und anglikanischen Kirche mit jeweils 13 Prozent. Außerdem sind in Vanuatu noch die Siebenten-Tags-Adventisten, die Church of Christ, die Assembly of God und andere Pfingstkirchen aktiv.

Der christliche Glaube prägt die Lebenswirklichkeit in Vanuatu. Die Kirche genießt allgemein einen hohen Stellenwert. Pfarrer aus verschiedenen Kirchen spielten in der Unabhängigkeitsbewegung eine wichtige Rolle und übernahmen in dem jungen Staat politische Ämter.

Neben der Kirche ist „Kastom“ die andere tragende Säule der Gesellschaft in Vanuatu. Mit „Kastom“ wird das tradierte Wertesystem bezeichnet, das alle Lebensbereiche durchzieht. Schlüsselfigur in diesem System sind die Chiefs, die in einem Dorf oder für einen Stamm die Entscheidungen treffen, Konflikte regeln und die Gemeinschaft nach außen vertreten.

Die Menschen in Vanuatu pflegen ihre Bräuche und sind stolz auf das Wissen, das ihnen ihre Vorfahren überliefert haben. In vielen Dörfern leben die Menschen noch sehr traditionell.

Der christliche Glaube und das tradierte „Kastom“-System stellen für viele Ni-Vanuatu keinen Widerspruch dar, sondern ergänzen sich. Auch im modernen politischen System spielen die Chiefs eine wichtige Rolle. So wird bei allen wichtigen politischen Entscheidungen die Meinung des Nationalen Rats der Chiefs eingeholt.

Vanuatu besitzt keine Bodenschätze. Eine der Haupteinnahmequellen des Landes ist der Tourismus. Gerne wird das Land als eines der letzten Paradiese dieser Welt angepriesen.

Die Menschen in Vanuatu leben (noch) sehr im Einklang mit der Natur und ernähren sich von dem, was der Regenwald ihnen an Früchten schenkt, und was sie im Meer fangen. Rund 80 Prozent der Bevölkerung leben von Subsistenzwirtschaft.

Wer als Tourist nach Vanuatu kommt, wähnt sich in der Tat im Paradies: Unberührte Strände, aktive Vulkane, Wasserfälle, üppiger Regenwald und für tropische Gefilde recht milde Temperaturen. In Vanuatu gibt es außerdem keine gefährlichen Tiere, keine giftigen Schlagen oder Skorpione.  

Den großen Profit mit dem Tourismus machen allerdings überwiegend ausländische Unternehmen. Auch sind die lukrativen Jobs in der Branche häufig von Ausländern besetzt.

In der Investmentbranche wird das Land als Geheimtipp gehandelt. Internationale Immobilienunternehmen sind auf den großen Inseln tätig und kaufen Ländereien auf.

Vanuatu gilt weltweit als das Land, das am meisten vom Klimawandel bedroht ist. Durch die Erwärmung der Meere sterben die Korallen ab, welche die Inseln vor zu hoher Brandung schützen. Ohne Korallenriffe werden die Küstengebiete zunehmend erodieren.

Außerdem geht der Fischbestand aufgrund der wärmeren Wassertemperaturen zurück.

Der steigende Meeresspiegel nagt an den Inseln.

Tropische Wirbelstürme sind in Vanuatu nichts Ungewöhnliches. Durch den Klimawandel werden sie aber immer heftiger. Im März 2015 tobte der Zyklon Pam mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 280 km/h über Vanuatu und zerstörte innerhalb von einer Nacht schätzungsweise 90 Prozent aller Häuser. Der Schaden wurde damals auf 600 Millionen US-Dollar geschätzt. Das sind etwa zwei Drittel des Bruttoinlandprodukts des Landes. Im April 2020 zerstörte der Zyklon Harold große Teile der nördlichen Inseln.

Als besonders schwerwiegende Folge des Klimawandels gelten die veränderten Regenmuster. Die Durchschnittstemperaturen steigen und insgesamt fällt weniger Regen. Das führt bereits jetzt zu Ernteausfällen. Andererseits kommt es immer wieder zu extremem Starkregen, der alles überschwemmt und große Schäden anrichtet. Auf vielen der kleineren Inseln gibt es keine natürlichen Süßwasserquellen, so dass die Menschen vollständig vom Regenwasser abhängig sind.  

Auf einen Titel sind die Ni-Vanuatu besonders stolz. Zwei Mal hat die britische New Economics Foundation in den vergangenen Jahren Vanuatu zum Land mit den glücklichsten Menschen der Welt erklärt.

Die Menschen begegnen anderen mit Offenheit und Freundlichkeit. Sie sind für ihr Lächeln bekannt. Außerdem gelten die Ni-Vanuatu als sehr genügsam. Sie sind dankbar für das, was ihnen die Natur schenkt.

Für Frauen ist das Leben in Vanuatu aber sehr schwer. Laut einer Umfrage des National Women’s Center in Vanuatu haben zwei Drittel aller Frauen bereits Gewalterfahrungen in der Partnerschaft gemacht. Davon haben zwanzig Prozent bleibende Schäden davongetragen. Gemäß der patriarchalischen Strukturen sind Frauen den Männern untergeordnet.

Frauen sind dafür verantwortlich, dass es den Männern gut geht, dass die Familie zu essen hat. Sie sorgen dafür, dass in ihrem Hausgarten genügend Obst und Gemüse wächst. Sie verkaufen auf dem Markt, was sie erübrigen können und sorgen dafür, dass die Familie ein Einkommen hat, damit das Schulgeld für die Kinder gezahlt werden kann. Bei Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Wirbelstürmen oder Erdbeben wird das Risiko, Opfer von Gewalt zu werden, für Frauen noch größer. Wenn Hütten und Häuser zerstört sind, haben sie keine Räume mehr, in die sie sich zurückziehen können.

In Vanuatu haben Frauen der presbyterianischen Kirche 1946 zum ersten Mal den Weltgebetstag gefeiert. Seit 1981 sind katholische und anglikanische Frauen dabei. Heute beteiligen sich auch die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, die Assembly of God, die Church of Christ und die Apostolische Kirche. Für viele Frauen, die an der diesjährigen Liturgie mitgearbeitet haben, war es die erste ökumenische Erfahrung. Und alle sind sich einig, dass die Zusammenarbeit im Rahmen des Weltgebetstags die Stimme der Frauen in Vanuatu hörbarer machen wird.

Die bekannteste Künstlerin von Vanuatu, Juliette Pita, hat für den Weltgebetstag 2021 ein Bild gemalt, in dem sie ihre eigenen Erfahrungen während des verheerenden Wirbelsturms Pam im Jahr 2015 verarbeitet hat.

Eine Frau beugt sich schützend über ihr Kind und betet. Sie trägt den traditionellen Bastrock der Insel Erromango, woher die Künstlerin stammt. Am Horizont sind kleine Kreuze zu sehen für die Menschen, die bei der Katastrophe gestorben sind.

Obwohl Juliette Pita international ausstellt und mit dem Verkauf ihrer Bilder gut Geld verdient, lebt sie zusammen mit ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter in einer kleinen Wellblechhütte in der Nähe der Hauptstadt. Was sie verdient, gibt sie Leuten, die Geld brauchen zum Beispiel für die Schulgebühren der Kinder oder für medizinische Behandlung.

Das Deutsche Weltgebetstags-Komitee unterstützt im Pazifik seit einigen Jahren das Mediennetzwerk FemLINKpacific. In Vanuatu arbeitet FemLINKpacific mit dem Projekt Vanuatu Young Women for Change zusammen, das die Menschenrechtsaktivistin Anne Pakoa 2013 gegründet hat, um der Gewalt gegen Frauen etwas entgegenzusetzen. In einem der Programme lernen junge Frauen zum Beispiel, wie sie die in wissenschaftlichem Englisch oder Französisch formulierten Wettervorhersagen in lokale Sprachen übersetzen. So können auch in entlegenen Gebieten Frauen vor drohenden Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Wirbelstürmen gewarnt werden. Diese Warnungen sind wichtig, damit die Frauen rechtzeitig Vorkehrungen treffen und sich und ihre Kinder in Sicherheit bringen können. In einem anderen Programm arbeitet Vanuatu Young Women for Change mit den Chiefs in verschiedenen Gemeinden zusammen und sensibilisiert sie für die Anliegen der Frauen.

Damit sich die Situation von Frauen langfristig in Vanuatu verbessert, sind sie auf die Unterstützung der Chiefs angewiesen und auf die internationale Solidarität.

Diese Texte und Bilder sind urheberrechtlich geschützt. © 2020 Katja Dorothea Buck / MVG, Aachen