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Gottesdienst zeitgleich 22.03.2020

22. März 2020

Nach einem Entwurf aus dem Michaeliskloster

Sonntag Lätare, 22. März 2020, 10 Uhr

 

  • Glocken läuten von der Markuskirche und anderen Kirchen
  • Eine Kerze wird entzündet

Wir singen das Lied: "Morgenglanz der Ewigkeit", Evangelisches Gesangbuch Nr 450

Es ist der vierte Sonntag der Passionszeit

„… dass die Liebe stärker ist.“ Die letzten Worte eines Liedes im Liederbuch Freitöne geben dieser kleinen Liturgie heute ihren Leitgedanken.

Christinnen und Christen stellen sich in den Wochen vor Ostern bewusst das Kreuz vor Augen, an dem Jesus gestorben ist. Wir wollen daran verstehen, was sein Tod für uns bedeutet. Das Kreuz steht dabei für mehr als für den Tod. Dank Ostern, Dank der Auferstehung unseres Herrn ist es uns zu einem Lebenszeichen geworden. „Dass sich, auch, wenn wir´s nicht sehen, Gottes Geist zu uns gesellt. […] Nicht der Tod ist mehr das Ende, es geht weiter, ganz gewiss und das Kreuz steht für die Wende, dass die Liebe stärker ist.“ (Freitöne Nr 140, siehe unten)

Der Glaube daran bestärkt uns und gibt uns Halt auch in schweren Zeiten.  In diesem Sinn sind wir versammelt.  An unterschiedlichen Orten. Zur gleichen Zeit. Einander in Gedanken, in Glauben und Gebet verbunden. Wir feiern in Gottes Namen. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Gebet zur Einkehr und zur Verbundenheit miteinander an verschiedenen Orten

Gott. Ich bin hier. Und Du bist hier Ich bete zu Dir. Und weiß: ich bin verbunden. Mit Dir. Mit anderen, die zu Dir beten. Genau jetzt. Genau so. Es ist Sonntag Lätare, das heißt: Freut euch! Ausgerechnet. Aber Jesus ist unsere Freude – in allem Leide. Mit Jesus gehen wir auch in diesen Sonntag. Gott. Ich bin hier. Und Du bist hier. Das genügt. Und ich bringe Dir alles, was ist. Stille  Höre auf unser Gebet. Amen

Evangelium des Tages: Johannes 6, 47-51

Es gibt ja so Leute, die Freude und Hoffnung verbreiten, obwohl sie Schweres durchmachen. Auch Jesus ist so ein Mensch, der in allen und allem das Gute sieht. Ganz der Vater! In Jesus lebt diese tiefe Freude, trotz allem, was er an Leid sehr wohl sieht und kennt. Jesus weiß, selbst im Sterben leben wir weiter bei Gott. Er macht das an einem sehr plastischen Bild deutlich. Es ist im Grunde wie beim Brot. Brot muss verzehrt werden, um stärken zu können. Er selbst ist das Brot für uns. Dass er sterben muss, soll uns stärken. Hört, wie Johannes das in seinem Evangelium wiedergibt, Jesus selbst kommt dort zu Wort:

47 Ich versichere euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben.  48 Ich bin das Brot des Lebens. 49 Eure Vorfahren, die in der Wüste das Manna gegessen haben, sind gestorben. 50 Hier aber ist das wahre Brot, das vom Himmel herabkommt: Wer davon isst, wird nicht sterben. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er ewig leben. Dieses Brot, das ich ihm geben werde, ist mein Fleisch; ich gebe es hin für das Leben der Welt.«

Wir singen das Lied: "Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt", Evangelisches Gesangbuch Nr. 98

Verkündigungsimpuls

„Ihr werdet noch mal an mich denken!“ Meine Mutter seufzt und schaut hilflos in die Runde.

Wir sitzen um den Tisch. Eine große Familienrunde. Alle sind lebhaft im Gespräch. Alle reden durcheinander, bis meine Mutter – vielleicht haben wir uns da auch gerade ein bisschen über sie lustig gemacht – sich da auf dem Stuhl zurückfallen lässt, dann seufzend diesen Satz ausruft: Ihr werdet noch mal an mich denken.

Schon heute kann ich sagen: Es stimmt. Allzu oft. Und dann muss ich Abbitte leisten, für alles, was ich ihr jemals im jugendlichen Leichtsinn geboten hab; muss aber auch schmunzeln über die tiefe Wahrheit, die hinter diesem Ausruf steckt. Das macht mich dann wieder froh. Ihr werdet noch mal an mich denken.

Freut euch! Freut euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Auch alle, die ihr über sie traurig gewesen seid, freuet euch mit ihr!

Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an ihrer vollen Mutterbrust. Denn so spricht der Herr: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Da werdet ihr saugen, auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen. Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden. Ihr werdet´s sehen und euer Herz wird sich freuen.

Ein Abschnitt aus dem Buch des Propheten Jesaja, Kapitel 66, Verse 10-14. Das Stichwort „Freude“ hat ihn wohl für diesen Sonntag ins Spiel gebracht.

Und das ausgerechnet jetzt in diesem Jahr, zur Zeit in der einem das Corona-Virus die Freude am Leben gehörig verderben kann. Ich komme dabei auf meine Mutter zurück und wie sie das so oft sagt: „Ihr werdet noch mal an mich denken!“ Den Ausruf an sich kann man ja so und so lesen.

Man kann ihn deutlich als Mahnung verstehen, mit einer gewissen Drohung dahinter, nach dem Motto: „Und dann, wenn ihr dann an mich denkt, dann wird es euch leidtun!“ Aber hier ist es anders gemeint: Mutter Gott erinnert ihre Kinder. Eine Mahnung wohl – aber doch tröstlich und ermutigend. „Ihr werdet´s sehen und euer Herz wird sich freuen!“

Dabei hatte Gottes erwählte Volk zu jener Zeit Freude lange vermissen müssen. Es wird ihnen nicht leichtgefallen sein, diesem Trost zu vertrauen. Da ging es ihnen ähnlich wie uns wohl momentan. Sie hatten viel durchgemacht. Nach Freude war ihnen kaum zumute. Hin- und hergetrieben von den immer mächtiger werdenden Nachbarstaaten, Assyrien, Babylonien, Ägypten. Schließlich ins Exil verfrachtet, aus Jerusalem und ganz Judäa nach Babylonien. Stadt und Tempel wurden zerstört. Gottes Volk sollte ausbluten. Gott sei Dank kam dann zwar die Wendung. Die Menschen konnten in ihre Heimat zurückkehren.

Aber einfach war das nicht. Die alte Heimat hatte sich verändert. Wie so viele Menschen, die nach einem Krieg aus Gefangenschaft nach Hause kommen, mussten sie feststellen, nichts ist mehr, wie es einmal war. Was sich wohl für uns alles verändert haben wird, wenn wir „nach Corona“ endlich wieder frei heraus und unter Leute dürfen.

Der Prophet Jesaja sieht seine Leute. Wer sieht auch, dass sie traurig sind oder verwirrt in dieser Lage. Und doch ist seine Stimme klar, die Stimme Gottes Stimme die da durch ihn spricht: Ihr werdet an mich denken! Ihr werdet euch freuen. Ihr werdet es schon erleben, wie wieder neues Leben in alles kommt.

Jesaja hat dabei ein sehr mütterliches, menschliches Bild vor Augen: Aus dürren Körpern fließen wieder Lebenssäfte, prophezeit er. Müde Arme werden wieder tragen können. Wankende Knie bergen Kinder auf dem Schoß und wippen heiter auf und ab. Aus alten Knochen sprießt junges Grün. Freut euch! Ihr werdet´s schon sehen! Was Jesaja sagen will:nmGott weiß Bescheid. Wie eine weise Mutter. Und Menschen wie Jesaja vertrauen ihr.

Ihr werdet´s sehen und euer Herz wird sich freuen. Ja, zum Beispiel jetzt. Denn darum sind wir ja hier. Mit Gott an einem Tisch. Vielleicht mit mehreren. Vielleicht auch allein. Gott sieht es – wie eine Mutter sitzt er mit am Tisch; schaut offen in die Runde; kennt dich, seit du geboren bist; wie alle ihre Kinder. Sieht die Jahre, als du klein warst. Staunt, was aus dir geworden ist.

Sieht, wie die Kinder, seine Menschen, aufwachsen, dann aber flügge werden und ihre eigenen Wege gehen. Sieht, was sie zustande bringen und woran sie scheitern. Sieht sie Fehler machen und darf sich nicht einmischen, denn das mögen die Kinder gar nicht. Sieht sie in ihren besten Jahren, voller Saft und Kraft und Tatendrang, wie sie Bäume ausreißen können. Sieht dabei immer wieder auch, wie sie sich regelmäßig die Köpfe einhauen und sich selbst zerfleischen und kann nichts dagegen tun. Sie können es einfach nicht lassen. Immer wieder Streit und Konflikte, was für ein Elend. Wie oft sitzt sie dann da, Mutter Gott, und weint.

Gott sieht, was du alles leistest und in Angriff nimmst. Sieht auch, wenn die Kräfte nachlassen; wenn du grau wirst; wenn alles auf einmal verwirrend wird, was früher leicht von der Hand ging. Am meisten aber schmerzt es sie, wenn ihre Kinder sich von ihr abwenden, wenn sie sie einfach links liegen lassen. Und was sie dann alles Abstruses zu ihrer Verteidigung vorzubringen haben, Kinder, Kinder! 

So, stelle ich mir vor, geht Gottes Blick über unsere Köpfe, während wir munter durcheinander gewürfelt hier oder sonst irgendwo sitzen. Mitten unter uns, Jesus, ihr Sohn, ganz die Mutter, ganz der Vater. Sein Blick quillt von Liebe über. Denn auch er wünscht sich nichts sehnlicher, als dass es allen gut geht und wir Frieden haben. Dass alle sicher und geborgen sein können. Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet. Denn ich bleibe euch treu. Ich gebe euch Halt. Euer Herz wird sich freuen! Ihr werdet´s sehen.

Heimatlosigkeit, Verlorenheit, sie gehören bei Gott der Vergangenheit an. Ja, selbst dann noch, wenn wir den Tod vor Augen haben – verloren, fremd oder heimatlos sind wir auch dann nicht bei Gott. Genau darin liegt der tiefe Grund der Freude geborgen. In diesem liebenden-mütterlichen Blick Gottes auf seine Kinder. Unabhängig davon, ob wir es verdienen. Das ist unser Trost, dass wir uns darin im Leben und im Sterben bei Gott geborgen wissen. Wir sind und bleiben sein.

„Ihr werdet noch mal an mich denken!“ In diesem Moment könnten wir sagen: Es stimmt. Könnten Abbitte leisten, für alles, was wir Gott jemals im jugendlichen Leichtsinn geboten haben; können uns aber auch freuen – wie damals die Menschen in Jerusalem und wie ein Kind sich freut, wenn es auf Knien geschaukelt oder sicheren Armen gewogen wird; wie wohl jedermann sich freut, wenn er nach langer Durststrecke wieder nach Hause kommt und es ist friedlich dort. Jemand nimmt dein Gesicht in seine Hände und hat dich lieb: „Lass dich anschauen.“ „Erzähl, wie geht es dir“. „Hast du schon gegessen?“

Und wie wir uns bestimmt freuen werden wir nach Quarantäne-Zeiten und Versammlungssperren endlich wieder voll unter Leute dürfen, in Restaurants, in Theater, in Konzerte oder zu Familienfeiern. Seid und bleibt fröhlich über unseren Gott, über seine Liebe, die wir mit der Muttermilch aufsaugen. Sie will sich unter uns ausbreiten wie ein breiter Strom oder ein überströmender Bach. Frieden soll sein.

Was hindert uns, schon jetzt immer wieder daran zu denken und der Welt zu zeigen, dass es wahr ist, dass die Liebe stärker ist. Ihr werdet´s sehen und euer Herz wird sich freuen!

Wir singen das Lied: „Dieses Kreuz, vor dem wir stehen“, Liederbuch Freitöne Nr. 140

Fürbitten und Vater Unser

Gott, unser Herz soll sich freuen und wir sollen fröhlich sein. Du hast das Beste für uns im Sinn. Dafür danken wir dir. Aber im Augenblick fällt es oft schwer, diese Freude wirklich zu spüren und zuzulassen. Darum bitten wir dich: Halte uns in deinem Schutz. Rücke uns zurecht, wo es nötig ist.

Schenk uns auch in dieser Zeit ausreichend Grund zu Freude, dass wir nicht in Trübsal oder Angst versinken. Hilf uns, auch in kleinen Gesten Großes zu sehen. Und in der Natur, die Blumen, die Sonne, frische Frühlingsluft, danke für deine Schöpfung. Nimm uns unter deine Fittiche, wenn die Lage trostlos scheint. Stelle uns immer wieder deine Zukunft vor Augen.

Wir denken an alle, die wir lieben. Wir denken an alle, um die wir uns sorgen. Stille.

Wir denken an alle, die in diesen Zeiten allein am Tisch sitzen. An alle, die derzeit keinen Besuch haben dürfen oder bekommen. Stille.

Wir denken an alle, die in kleinen Wohnungen jetzt eng aufeinander geworfen sind. Stille.

Wir denken an alle, die helfen. An alle, die für unsere Sicherheit sorgen. Stille.

Gott. Wir sind Deine Menschen. Wir sind miteinander verbunden. Wir beten zu Dir in allem, was ist. Beten zu Dir mit den Worten, die uns im Herzen wohnen:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Wir singen das Lied: "Jesu, meine Freude", Evangelisches Gesangbuch 396, 1-3+6

Segen

Gott segne uns und behüte uns. Gott lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen

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Einen gesegneten Sonntag und eine behütete Woche!