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Geistlicher Impuls 03.04.2020

03. April 2020

Liebe Gemeinde,

ich hatte dazu angeregt, mal seinen Tauf-, Konfirmations- oder Trauspruch herauszusuchen und zu schauen, ob er zu einem oder gerade passt.

Jemand schrieb: Mein Konfirmationsspruch - vor über 60 Jahren vom Pastor ausgesucht - lautete „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“ (Römer 12,12) Mir kommt es vor, als sei der Spruch für mich jetzt geschrieben.

Denn Geduld ist jetzt gefragt. Vielleicht kennen Sie das Gebet: Lieber Gott, schenke mir Geduld, aber flott. 

Geduld fällt uns oft schwer, mir auch. Mit Geduld kann man sich nicht bevorraten, wie beispielsweise mit Nudeln oder Toilettenpapier. Geduld heißt, etwas auszuhalten, was einem nicht gefällt, aber was nicht zu ändern ist.

Geduld fällt leichter, wenn es im Leben Vertrauen und Zuversicht gibt, wenn es eine Hoffnung gibt. Welche Zuversicht, welche Hoffnungen haben wir gerade? Nachdem die Schulen und Kindertagesstätten geschlossen wurden, sämtliche Veranstaltungen abgesagt wurden, Geschäfte, Kinos und Restaurants geschlossen sind und zudem ein Kontaktverbot besteht, fällt es mir gerade schwer, zuversichtlich zu sein, dass die Corona-Krise schnell zu Ende sein wird.

Nein, diese Zuversicht habe ich nicht, ich bin sogar ziemlich sicher, dass diese Krise uns noch lange beschäftigen und unser Leben beeinträchtigen und verändern wird. Und wir sind ja dabei, neue Wege zu suchen, mit dieser Krise umzugehen.
Den Gottesdienst am Sonntag feiern wir nicht gemeinsam. Aber zeitgleich an verschiedenen Orten – so sind wir weiterhin miteinander verbunden. Wir feiern ihn, weil wir nach Antworten suchen, weil wir nach Hoffnung Ausschau halten. Weil wir die Unsicherheit überwinden möchten oder sie zu mindestens teilen wollen.

Zum Glück macht die heutige Zeit es uns einfach, weil es so viele Möglichkeiten gibt, in der digitalen Welt, wie auch in der realen Welt. Ich habe auch das Gefühl, wir rücken ein wenig mehr zusammen, auch wenn wir räumlich weiter auseinander-rücken sollen. Aber indem wir uns Gedanken machen, wer kauft für die alte Nachbarin ein, wie komme ich mit dem Einsamen ins Gespräch, auch wenn er nicht mehr wie gewohnt auf der Bank sitzt, wie drücke ich meinen Dank und meine Achtung vor den Menschen aus, die das Leben am Laufen halten? In solchen Überlegungen, denen Handlungen folgen, übernehmen wir Verantwortung. Und wer Verantwortung übernimmt, hat auch eine Hoffnung und eine Zuversicht. Und die können wir stärken, das ist unser Rezept für Geduld:

In ihrem Buch “Wider den Luxus der Hoffnungslosigkeit” (mit ihrem Mann Fulbert Steffensky 2013), schreibt die Theologin Dorothee Sölle: “Jeder Mensch braucht einen Hoffnungsschrank, …”. Für mich ist das ein wunderbarer Erste-Hilfe-Satz. Musik, Geschichten, Verse, Fotos, Lebenserfahrungen, die den eigenen Hoffnungsschrank bevorraten können, kann man doch nicht genug haben! Jeder Mensch braucht einen Hoffnungsschrank? Ich glaube, jeder von uns hat einen! Und ich möchte Sie und Euch ermutigen, in den Ihren, in Euren zu sehen. Wenn wir nun zu Hause bleiben müssen, durchforsten wir doch unsere Musik- und Bücherregale nach Hoffnungssätzen und -geschichten – und -erinnerungen.

Für diese Entdeckungsreise in den eigenen Hoffnungsschrank gebe ich noch zwei Möglichkeiten mit auf den Weg:

1) Schaut wirklich mal den eigenen Tauf-, Konfirmations- oder Trauspruch an und schaut, ob er gerade passt oder was er euch mitgibt. Hier sind noch mal zwei  Antworten:

  • Mein Taufspruch heißt: „Jesus Christus spricht: Ich bin das das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8,12) Im Moment sehe ich Licht im Zusammenhalt in unserer Familie – das sind wirklich helle Erfahrungen!
  • Mein vor 40 Jahren von mir selbst ausgesuchter Konfirmationsspruch stammt aus Psalm 68: "Gelobt sei der Herr täglich. Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch." Das ist ein nicht nur für diese Krisenzeit passender Vers und ich versuche ihn zu beherzigen

2) Kartenset

Nutzen Sie das DIY-Kartenset (Do-it-yourself-Kartenset; siehe Anleitung unten) zur Stärkung:
Schneiden Sie Karten aus und beschriften diese mit den untenstehenden Sätzen. Finden Sie Ihren Satz, den Sie sich regelmäßig vergegenwärtigen.

Ich bin gespannt, auf Ihre und Eure Rückmeldungen und schließe mit dem Wunsch:

„Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“ (Röm. 12,12)

 

Ihre/Eure Pastorin Meike Riedel

Das DIY-Kartenset

Stärkende Sätze für beispiellose Zeiten

Wir befinden uns in einer Situation in der zugleich Veränderung und Stillstand vorherrschen, eine Situation, die wir alle so noch nicht erlebt haben.und die uns fordert, unsere Unsicherheiten zu bewältigen und zu neuen Routinen überzugehen. Je länger Ausgangssperre, Quarantänen und nicht zu enden scheinende furchtbare Nachrichten anhalten, desto mehr steigen auch die psychischen Belastungen. Während wir also alle zur Zeit schön unsere Hände sauber halten und desinfizieren, ist unsere Psyche den Angreifern "Angst" meist schutzlos ausgeliefert.

Aber wie geht das, die Psyche zu reinigen, zu desinfizieren oder zu immunisieren? Und was hilft uns die häusliche Isolation trotz Einschränkungen gut zu überstehen?

Um uns allen etwas Hilfe und Lichtblick zu geben, haben wir zur Stärkung unser aller Resilienz und psychischer Widerstandskraft das kleine Do-it-your-self Kartenset INNEN-LEBEN entwickelt. Mit INNEN-LEBEN bekommen Sie ein Werkzeug in die Hand, mit dem Sie Ihre ganz eigenen, auf Sie zugeschnittenen, stärkenden Sätze generieren können. Diese Sätze regen einerseits konkret Lösungen für spezifische Anliegen an. Auf der anderen Seite orientieren Sie sich an den grundlegenden menschlichen Bedürfnissen nach Sicherheit, Autonomie, Beziehung und Selbstwertstärkung.

INNEN-LEBEN funktioniert somit gleichemaßen als Krisenprävention sowie Krisenintervention - praktisch, simpel und daheim.

Sie benötigen nur etwas festeres Papier, einen Stift und eine Schere. Bitte teilen Sie den Text und die Karten gerne mit anderen, damit möglichst viele Menschen davon profitieren.

 

Und so einfach geht’s:

  1. Schneiden Sie aus etwas dickeren Papier Karten aus und beschriften Sie diese mit den unten aufgeführten Sätzen.
  2. Kartenset verwenden: Mit den Karten können Sie bis zu 1600 Sätze bilden und zwar aus der Kombination einer "INNEN" Karte und einer "LEBEN" Karte.
  3. Kombinieren Sie die jeweiligen Karten solange, bis Ihnen ein Satz stimmig erscheint, er sollte sich richtig gut anfühlen. 
  4. Wenn Sie sich diesen Satz wie ein Mantra oder einen Werbespruch verinnerlichen, haben Sie buchstäblich gute Karten Ihre Lebensqualität in dieser herausfordernden Zeit zu verbessern.

Unterstützend wirkt es wenn Sie Ihre Sätze laut aussprechen und dabei mit der rechten Hand den Punkt unterhalb des linken Schlüsselbeins kreisend im Uhrzeigersinn reiben. Diese haptische Stimmulation in Verbindung mit dem Lautaussprechen eines stärkenden Satzes ist eine hochwirksame Intervention, die wir aus der Psychologie kennen. 

Sie können Ihre Karten auch als Lesezeichen in dem Buch verwenden, das Sie gerade lesen. Oder an den Spiegel hängen. Oder immer wieder aufschreiben. Ziel ist es, dass Sie sich Ihre Sätze regelmäßig vergegenwärtigen.

Sollten Sie in einer familiären Wohngemeinschaft leben, können Sie die Karten auch dazu nutzen, miteinander über Ihre aktuellen Sorgen und Ihre Erfahrungen im Zusammenleben ins Gespräch zu kommen.

Wir wünschen Ihnen nun, dass Sie an Körper und Seele gesund bleiben und die beispiellose Zeit gut bewältigen.

Ihre Sabine Ebersberger und Michael Bohne

Auf den "Innen Karten" kann stehen:

  • auch wenn ich in der aktuellen Situation deutlich an meine Grenzen stoße
  • auch wenn ich mich hilflos und ausgeliefert fühle
  • auch wenn mir die Decke auf den Kopf fällt
  • auch wenn ich mir Sorgen um mich und meine Lieben mache
  • auch wenn ich mein Verhalten in vielen Bereichen ändern muss
  • auch wenn mir gerade alle Felle davon schwimmen
  • auch wenn ich mich von meinem sozialen Umfeld abgeschnitten fühle
  • auch wenn es mir schwerfällt mich in der gegenwärtigen Situation zu organisieren
  • auch wenn ich Angst habe wie es weitergehen wird
  • auch wenn nicht absehbar ist wie lange diese Situation anhalten wird
  • auch wenn mich das alles überfordert
  • auch wenn ich inzwischen keine Vorstellung habe, wie die Zukunft aussehen wird
  • auch wenn ich nicht weiß, wie es mit Kinderbetreuung und Schule weitergehen wird
  • auch wennn ich mich eingesperrt fühle
  • auch wenn ich um meine Existenz bange
  • auch wenn ich jetzt auf vieles verzichten muss
  • auch wenn ich wahrnehme wie sich die Menschen verändern
  • auch wenn ich verängstigt bin, dass manche den Ernst der Lage noch nicht erkannt haben
  • auch wenn andere wichtige Themen jetzt völlig in den Hintergrund treten
  • auch wenn die Stimmung seltsam befremdend ist
  • auch wenn die Nachrichten in den nächsten Tagen und Wochen nicht wesentlich besser werden
  • auch wenn ich meine Verwandten nicht mehr besuchen kann
  • auch wenn niemand weiss, ob das Gesundheitssystem das alles stemmen kann
  • auch wenn landauf, landab Prüfungen verschoben werden
  • auch wenn Ausgangssperren mittlerweile Realität sind
  • auch wenn ich mir wie im falschen Film vorkomme
  • auch wenn derzeit abends falsch erscheint was morgens noch richtig klang
  • auch wenn das öffentliche Leben gerade stillsteht
  • auch wenn mir meine Ängste und Sorgen ziemlich viel abverlangen
  • auch wenn es mir zwischendurch total langweilig ist
  • auch wenn mir das hier alles tierisch auf die Nerven geht
  • auch wenn mich das Schicksal anderer Menschen nicht mehr loslässt
  • auch wenn die mediale Berichterstattung zu Angst und Panik beiträgt
  • auch wenn die Stimmung zu Hause bisweilen angespannt ist
  • auch wenn ich nicht mehr weiß wie ich meine Kinder den ganzen Tag beschäftigen soll

Auf den "Leben Karten" kann stehen:

  • versuche ich der Entschleunigung Positives abzugewinnen
  • vertraue ich darauf, dass für mich und alle anderen gut gesorgt ist
  • finde ich einen Weg in meinen 4 Wänden etwas für meine Gesundheit zu tun
  • nehme ich meine Gefühle wahr und spreche darüber
  • finde ich jeden Tag einen Grund um dankbar zu sein
  • gehe ich mit Kraft und Zuversicht die Herausforderungen an
  • mache ich es wie die Italiener und singe laut aus dem Fenster
  • entdecke ich für mich neu, was man daheim alles tun kann
  • nutze ich die Zeit zum Ausmisten und Ordnung schaffen
  • bin ich denjenigen zutiefst dankbar die das System am Laufen halten
  • zeigt sich wieder, dass Schokolade über einiges hinweg hilft
  • schreibe ich mal wieder einen Brief, denn noch wird die Post zugestellt
  • leiste ich im Rahmen meiner Möglichkeiten einen sinnvollen Beitrag
  • mache ich mir klar, dass wir alle im selben Boot sitzen
  • informiere ich mich wie ich andere unterstützen kann
  • stelle ich mir die Frage was wirklich wichtig ist
  • lerne ich mit meinen Ängsten umzugehen
  • gebe ich Reflexion und innerer Einkehr Raum
  • freue ich mir darüber, mal wieder Zeit mit meiner Familie zu haben
  • gebe ich meinem Tag eine Struktur
  • ist Jammern keine Lösung
  • kann mir keiner meinen Optimismus nehmen
  • erkenne ich, dass Lachen und Humor befreiend wirkt
  • bleibt mir zumindest mein Home office
  • tausche ich meine Angst gegen Leichtigkeit
  • zeigt sich, dass verzichten nicht Verlust bedeutet
  • mache ich mein Zuhause zu einem Nest
  • finde ich Wege mit mir wichtigen Menschen zu kommunizieren
  • nutze ich meine Kreativität, um Herausforderungen zu bewältigen
  • schätze und achte ich mich so wie ich bin
  • werde ich diese Krise mit Herz und Verstand meistern
  • bin ich irgendwie erleichtert darüber, dass mein Kalender nicht mehr so voller Termine ist
  • erkenne ich, dass individuelle Einschränkungen für das Gemeinwohl wichtig sind
  • wächst das Gras still weiter